26.09.2016

«Bin wohl eher Captain als Chef»

Die ersten 14 Monate von Sandro Stroppa als FVRZ-Präsident.

Sandro Stroppa ist seit der Delegiertenversammlung vom August 2015 neuer Präsident des Fussballverbandes Region Zürich (FVRZ). Knappe 14 Monate später ist Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen und über das, was noch folgen soll, zu sprechen. FVRZ-Medienberichterstatter Bruno Füchslin traf Stroppa kürzlich in Zürich.

 

Füchslin: Sandro Stroppa, Sie kennen das geflügelte Wort «Würde bringt Bürde». Was stimmt an dieser Aussage?
Stroppa: Die Würde ist bislang sehr angenehm. Die Bürde sehe ich nicht als Ballast, der auf den Schultern lastet. Vielmehr bedeutet er Verantwortung und diese wiederum Herausforderung, Lebendigkeit, Kontakt mit Menschen und die Möglichkeit, zu verändern und wo immer möglich zu verbessern.

Man wird nicht von «null auf hundert» Verbandspräsident. Wie kams dazu?
Ich hatte im Sinn, beim FC Effretikon nach zehn Jahren als Vereinsvorsitzender aufzuhören. Irgendwer im Verband muss davon Wind bekommen haben; ich kriegte einen Anruf meines Vorgängers Reinhard Zweifel. Nach und nach freundete ich mich mit dem Gedanken an. Mir kam natürlich zu Gute, dass ich während zwei Jahren als Beisitzer des Regionalvorstands Einblick in die Materie erhalten und die Leute kennen lernen konnte.

So etwas wie eine «Schnupperstifti»?
Im weiteren Sinn ja. Natürlich musste meine Familie damit einverstanden sein; es gab einige diesbezügliche Gespräche und Diskussionen. Die für die Zeit nach meiner Funktionärstätigkeit geplanten Tanzkurse mit meiner Frau fielen damit ins Wasser.

Ein Fussballer, der gerne tanzt – das gibts eher selten.
Doch, da hatte ich immer Spass daran. Vielleicht liegts am italienischen Blut. Vielleicht auch, weil ich in meiner Karriere als Fussballer stets linker oder rechter «Aussenbilli» war und so selten zum Tanzen kam. Ich glaube heute noch, dass meine technischen Fähigkeiten von so gut wie niemandem erkannt wurden … (lacht)

Seit der DV im August sind Sie sozusagen Vortänzer des grössten Regionalverbandes des SFV. Welchen Rhythmus schlagen Sie an? Einen langsamen Walzer oder eher einen feurigen Tango?
Wohl so ein situativ angepasstes Mittelding.

Was fanden Sie im Regionalvorstand und den Kommissionen vor?
Einen in allen Belangen gesunden, gut organisierten Verband. Er ermöglichte mir einen reibungslosen Einstieg. Dass er eher – von den Strukturen her – patriarchalisch aufgebaut war, schien mir, nebst den anfallenden Tätigkeiten, herausfordernd.

Einem, der sich selbst als «Querdenker» einstuft, müssen die Haare zu Berge gestanden sein.
Bei Weitem nicht! Viele Vereine und Verbände leben diese und ähnliche Charakteristiken. Ich will nicht revolutionieren, sondern anpassen. Wie man «Chef sein» interpretiert und umsetzt, sollte weit mehr von der Person denn von Strukturen beeinflusst sein. Ich bevorzuge seit jeher einen kooperativen Führungsstil; er bleibt dynamisch und lässt Beteiligte mitdenken …

… kostet aber mehr Zeit.
Möglich, aber nicht zwingend. Wer sich daran gewöhnt, wird eventuell durchaus gar fokussierter arbeiten können.

Ihre Vorstellungen haben Auswirkungen auf Ihre Mitarbeiter.
Mein Demokratie-Verständnis geht dahin, dass das Kollektiv die wirkliche und nachhaltige Kraft ist. Es ist doch wie auf dem Fussballfeld: In einem Teamsport nützen egoistische Einzelkämpfer und Ego-Zentrierte der Mannschaft nichts. Ergo gilt, sein Engagement unterzuordnen und dennoch individuell stark zu bleiben. So sehe ich auch meine Aufgabe, weit eher als Captain denn als Befehle gebender Präsident.

Konkret: Was dürfen die Vereine inskünftig vom FVRZ erwarten? Wohin gehen Ihre diesbezüglichen Gedanken?
Unsere ursprüngliche Aufgabe als Dienstleister der Clubs müssen wir noch weiter intensivieren. Da schwebt mir primär vor: Vereine im administrativen Bereich noch intensiver so entlasten, dass sie ihre Energien für ihre immens fordernde Kernaufgabe nutzen können. Auch der weitere Ausbau des Clubcorners ist mir ein Anliegen.

Der FVRZ ist der grösste Teilverband des SFV. Ist er auch der beste?
Diese fiktive Rangliste interessiert mich nicht. Es gilt auch hier: Die Teilverbände müssen zusammen arbeiten; nur zusammen können wir dem Breitenfussball in der Schweiz dienen und ihn weiter vorwärts bringen. Er ist und bleibt ja die Basis allen helvetisch-fussballerischen Tuns.

Sandro Stroppa hat seit seiner Wahl zum FVRZ-Vorsitzenden kaum mehr Freizeit. Wie viel Aufwand investieren Sie? Was leidet darunter?
Ich bin kein Stundenzähler. Meine Konstitution meldet mir, wenn etwas nicht mehr stimmen sollte. So lange ich «darf», ist alles okay. Sobald ich «muss», werden Alarmglöckchen läuten.

Was waren in den nun knapp 14 Monaten als Präsident Ihre Aufsteller?
Viele Gratulationen am Wahlabend und danach. Die Verbandspräsidenten-Konferenz der Amateur- Liga im Juli – er fand während zwei Tagen in Lugano statt – war «der Hammer». Wir hattens interessant und vor allem unterhaltend und lustig. Insgesamt ein toller Kitt für die weiteren Aufgaben.

Und wo hatten Sie Grund, sich zu ärgern?
Die Gewaltspirale hat sich nicht abgeschwächt, ja eher verstärkt. Disziplinlose Eltern, auch zunehmend überbordende Spieler der Seniorenklasse – so macht Fussball keinen Spass. Wir müssen mit aller Härte der Reglemente bestrafen und das Zeichen «im FVRZ so nicht» durchziehen. An zu vielen gehen Aufrufe zu Fairplay und Präventionsaktivitäten einfach vorbei. Dies ist das bislang einzig Negative, das mich beschäftigt hat.

 

Steckbrief
Sandro Stroppa
Geboren am: 26. Januar 1970
Zivilstand: verheiratet, zwei Kinder
Wohnort: Effretikon
Beruf: gelernter Elektromechaniker, seit 2013 Leiter Kooperation und Management Support bei Swiss Life
Hobbys: Fussball, Familie
Lieblingsteam: Schweizer Nationalmannschaft
Stärken: Tagträumer und Querdenker, ausdauernd
Schwächen:  zuweilen ungeduldig

Sportlicher Werdegang
1978 – 1989 Junioren FC Effretikon
1989 – 1998 1. Mannschaft FC Effretikon
1998 – 2001 Trainer 1. Mannschaft FC Kempttal

Werdegang als Funktionär
2002 – 2004 Vizepräsident FC Effretikon
2004 – 2014 Präsident FC Effretikon
2005 – 2009 Präsident DIES, Dachverband Illnau und Effretiker Sportvereine
2013 – 2015 FVRZ, Mitglied Regionalvorstand
2015 – ???   FVRZ, Präsident