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02.03.2020

«Den Fussball nicht so ‹tierisch› Ernst nehmen»

Felix Brügger begeht dieses Jahr seine 20-jährige Zugehörigkeit zum Ressort Disziplinarwesen des FVRZ. So gar manches hat sich im Lauf der 240 Monate verändert.

«Nach weit oben hab ichs fussballerisch nicht gebracht», schmunzelt Felix Brügger, seine sportliche Karriere resümierend. Alles, nur nicht tiefstapeln: Die 5. Liga ist die Basis des Schweizer Fussballs. Der hier Porträtierte begann mit Vereinsfussball als 22-Jähriger beim FC Volketswil und blieb diesem Zeit seines aktiven Fussball-Lebens bis hinauf in die Senioren treu. Während rund einem Dutzend Jahre vermittelte er als Trainer von F- und E-Junioren das, was junge Herzen höher schlagen lässt: «Eine tolle Zeit, mit Kindern arbeiten zu können.»

Im Jahr 1999 wars, als Marcel Rochaix – damals Leiter des Ressorts Disziplinarwesen, seit 2015 Vizepräsident der Rekurskommission – Felix Brügger betreffend Mitarbeit im FVRZ anfragte. Beide beruflich im selben Metier der Justiz tätig, förderten das Interesse und letztlich die Bereitschaft, für den Regionalfussball in dieser Sparte tätig zu werden. Eine Zusage, die Felix Brügger nie bereute, auch wenn sie einiges an Freizeit-Investitionen nach sich zog und weiter nach sich zieht.

Für Brügger ist die Erkenntnis, dass der Fussball und sein Ringsherum «ein Spiegelbild der Gesellschaft» ist, mal mehr, mal weniger zutreffend. «Die Parallelen zur Ziviljustiz sind unverkennbar; da läuft das eine ins andere», meint der Jahrzehnte lang und auch aktuell als Bezirksrichter und Gerichtsschreiber Tätige. Jeder Fall wird akribisch angeschaut und bewertet und entsprechend Ernst genommen. Ab und zu ein Kopfschütteln über diese und jene Fälle geschieht im unsichtbar Stillen.

Zunahme von Einsprachen
Gelbe Karten kommen nicht ins Visier von durch das Ressort Disziplinarwesen auszusprechenden Sanktionen. Ab Platzverweisen aufwärts hingegen wird – gemäss den geltenden Statuten – die Disziplinarabteilung* tätig. Jeweils am Dienstagabend werden die vom Sekretariat (dafür zuständig Otto Spiegel) heraus gefilterten Fälle anlässlich einer Sitzung besprochen und wird über die Sanktionen entschieden. Komplexere Szenarien – meist durch arg widersprüchliche Aussagen von Beteiligten ausgelöst – erfordern so genannte Konfrontationssitzungen. Nicht in den Kompetenzbereich des Regionalverbandes fallen hingegen Tätlichkeiten an Unparteiischen; diese werden – nach Abschluss der Untersuchung durch den FVRZ – dem SFV gemeldet und von diesem auch abschliessend entschieden.
«Die Anzahl Einsprachen – früher als ‹Wiedererwägungsgesuch› betitelt – sind seit der Einführung der Strafpunkte gestiegen», weiss Felix Brügger. Bei übertriebenen und demzufolge strafbaren Rudelverhalten und Massenschlägereien werden auch schon mal Punkteabzüge ausgesprochen («eine Sanktion, die weh tut»). Allgemein wurde in den letzten Jahren Strafmasse leicht nach oben angepasst – und dies nicht deswegen, um via Bussen höhere Einnahmen zu generieren. «Der heutige athletische Fussball zieht mehr Zweikämpfe nach sich, sowohl körperlich wie offenbar auch emotional. Schiedsrichter waren einst fast unantastbare Respektspersonen, mit Lehrern, Polizisten oder Pfarrleuten gleichzusetzen. ‹Die Gesellschaft› hat ihnen im Lauf der Jahre genau diesen Status abgesprochen. Nicht reflektierende Menschen sehen in ihnen so etwas wie stets zu kritisierendes ‹Freiwild›», analysiert Felix Brügger die Entwicklung. 

«Wir alle sind ‹nur› Menschen»
Auch im Fussball gilt: Recht haben und/oder zu seinem Recht kommen sind und bleiben immer Diskussionspunkte. Den eigenen Standpunkt vertreten ist legitimes Recht einer jeden Person. Umgekehrt sind Sportarten, in denen Unparteiische die Regeln durchsetzen müssen, bereits als (Schieds-)Richter im Einsatz. Dass auch sie «nur Menschen» sind, trifft auch auf jene Leute zu, die Vergehen sanktionieren müssen.
Und so hat Felix Brügger an all die Tausenden von Spielerinnen und Spielern diesen Wunsch: «Allgemein sollte man den Fussball nicht so ‹tierisch› Ernst nehmen. Bei allem selbstverständlich akzeptierten Engagement dürften die Komponenten ‹Spass und Freude am geliebten Sport› nicht dermassen in den Hintergrund gedrängt werden, wie dies zu oft geschieht. Fussball besteht nicht allein aus erzielten Resultaten.» 

Felix Brügger
Geboren am 24. Juni 1967 in Winterthur
Aufgewachsen in Seuzach
Beruf: Jurist (Bezirksrichter/Gerichtsschreiber)
Zivilstand: ledig
Wohnort: Seuzach
Hobbies: Fussball, Jassen, Wandern
Stärke(n): Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Gelassenheit
Schwäche(n): kann schlecht Nein sagen
Lieblingsvereine: FC Winterthur, Borussia Dortmund
Lebensmotto: «Don’t worry, be happy»

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* Das Ressort Disziplinarwesen des FVRZ besteht aus vier Juristen, die alternierend an den Dienstagabend-Sitzungen teilnehmen. Auch die Spielkommission ist jeweils mit mindestens einer Person anwesend.   

Die Rekurskommission des FVRZ besteht aus sechs Personen.

Felix Brügger ist seit 20 Jahren hinter den Spielfeld-Kulissen fussball-aktiv.

Offizielle Mitteilungen (08.05.2024)

FVRZSFV

Neue Adresse FVRZ:
Fussballverband Region Zürich
WIN4 Kubus
Grüzefeldstrasse 34
8400 Winterthur

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Hilfsmittel / Ideen
 

Kommentar (03.05.2024)

Von einseitigem Gegenvernehmen

von Bruno Füchslin, Medienberichterstatter FVRZ,
[email protected]  

Wenn wieder Flugwetter für Trainer – ihres Zeichens «sportlich Verantwortliche» – ist, lässt sich nicht leugnen, dass sich die Vereinsverantwortlichen eine Entlassung («freistellen» tönt bedeutend vornehmer …) in den meisten Fällen nicht leicht machen. Von den finanziellen Auswirkungen abgesehen, geht auch ein zwischenmenschlicher Bruch mit einher. Im besten Fall wird dies dann mit «in gegenseitigem Einvernehmen» beschrieben. Vielleicht wars aber doch eher «in einseitigem Gegenvernehmen»?

Wenn fehlende Punkte am Trainerstuhl sägen, geschieht ja mehr oder minder stets dasselbe. Wer in einer Negativspirale dreht, muss sich mit internem wie von aussen einprasselnden Druck beschäftigen. Das ist logischerweise äusserst unangenehm. Medien, tatsächliche oder so genannte Fans und Sponsoren erwarten zwingend Handlungen. Ergo sammelt das Brennglas seinen Fokus auf eine Person. Weils offenbar zu kompliziert ist, all die ebenso einwirkenden Fakten aufzubrösmeln. Und so wird halt jene Person geopfert, die vor zwei Jahren noch als «Hoffnungsträger» und «Ideallösung» präsentiert wurde.

Und immer wieder stellt sich dieselbe Frage: Sind Vereinsleitungen nicht fähig, eine schwierige Phase gemeinsam mit eben dieser «Ideallösung» durchzustehen? Haben die alle kein Rückgrat? Werden die Energien im Pro und Kontra so verzettelt, bis nur eine Entlassung immerhin dieses Problem wegwischt? Erklärungen wie «erreicht die Mannschaft nicht mehr» oder «lässt Gruppenbildungen zu» sind vielfach einfach dumme, von eventuell weit tiefer liegenden Problemen ablenkende Floskeln.

Wenns denn wegen ausstehenden Punkten Realfakten gibt: Noch nie, wirklich noch nie in diesem Fussballzirkus war je von einem Präsidenten, einem Sportchef und sonstwie für Verpflichtungen zuständigen Personen dies zu vernehmen: «Wir haben uns in der Person XY beziehungsweise dessen Qualitäten massiv geirrt. Dies ist unser Versäumnis.» Würde heissen: Der «Hoffnungsträger» wäre von der Punktekrise zumindest halbwegs entlastet. Und in Sachen «für Versäumnisse Verantwortung übernehmen» steht schon ein Neuer parat. Das eröffnet völlig neue Perspektiven. Es sei denn, dass schlicht die Qualität der Spieler hinter den Erwartungen so im Rückstand ist, dass auch der neue Punktezampano keinen Hasen aus dem Hut zaubern kann.