Wenn der Fussball Menschen spielt

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12.07.2023

Wenn der Fussball Menschen spielt

«E tolli Sach gsii»: Das erste Fussball-Plauschturnier für Kleinwüchsige, am Sonntag des 2. Juli auf dem Hauptplatz «Chrummen» in Freienbach ausgetragen, wurde sowohl für aktiv Teilnehmende wie Beobachtende zum Anlass mit hohem Unterhaltungsfaktor.

von Bruno Füchslin

Zwölf Kinder/Jugendliche und sechs Erwachsene meldeten sich im Lauf der letzten Wochen zur Teilnahme am ersten Fussball-Plauschturnier für Kleinwüchsige an. Und diese Premiere – sicher schweiz-, wenn nicht gar europaweit – lockte nicht nur an die 300 Zuschauerinnen/Zuschauer an. Auch TeleZüri markierte Präsenz, zumal Nationaltrainer Murat Yakin schon früh seine Zusage machte, diesen besonderen Anlass per offiziellem Eröffnungskick zu starten.
Sie, die im «normalen» Leben mit Handicaps zurecht kommen (müssen), kamen teils von weit her. Aus Abtwil, Ennetbaden, Bolligen, Langenthal, Beinwil am See und gar mit St. German aus dem Wallis angereist, wollten nebst jenen aus der näheren Umgebung dabei sein und machten diesen Fussballplausch zu einer eigentlichen Fiesta.

Stets von Lachen begleitet
Während rund zwei Stunden wurde Fussball gespielt. Zwei, drei Akteure entpuppten sich schnell als Publikumslieblinge. Anderen wiederum machte der runde Lederkobold mehr zu schaffen – das ist bei Menschen mit Handicap nicht anders. Treffer – überall das Salz in der Fussballsuppe – fielen zuhauf; meist gewollt, zuweilen auch wie von einem Zufallsgenerator gelenkt. Aber gelacht wurde so viel wie an Fussballspielen von «normalen» Menschen kaum je gesehen.
«Es gibt keine Verlierer – alle haben gewonnen»: Diese Worte von Luigi Ponte, Mitorganisator von PluSport, leitete nach getanen Fussballkünsten den Schlusspart ein. Alle Teilnehmenden erhielten unter Namensaufruf eine Medaille und ein kleines «Pokäli»; dank dem Entgegenkommen eines Sponsors dürften alle auch das «Liibli» behalten. Auf diesem steht der Spruch «der Ball rollt für alle» –  wie treffend …

Wiedersehen macht Freude
Das Fazit: Erstmals organisiert – und bereits ein fester Bestandteil im Terminkalender? Unvorstellbar, dass dies eine einmalige Veranstaltung bleiben sollte. Für Menschen mit Handicap die Möglichkeit, unter ihresgleichen einen eigens für sie organisierten Anlass zu erleben, muss Wiederholungen finden. Dies ist Verpflichtung für alle, die am Realisieren dieses ersten Turniers massgeblich mitgearbeitet haben: Der «Lohn» für den Aufwand sind für ein paar Fussballstunden glückliche Menschen. Es stimmt eben doch: Wiedersehen soll bekanntlich Freude machen …
Und wer das bunte Treiben aus Distanz betrachtete, musste nicht, aber konnte eine Symbiose ausmachen: Zwar spielen Menschen Fussball – aber im Umkehrschluss spielt «der Fussball» auch die Menschen.  

 

Meinungen zum Turnier
Nationaltrainer Murat Yakin: «Dieser Anlass ist die beste Werbung für den Zusammenhalt, das Verbindende – was gibts Schöneres als Freude haben am Fussball?»
Timeo, 11-jährig, aus Forch: «Toll! Habe noch nie so viele Kleinwüchsige ‹uf ein Tätsch› gesehen!»
Azrael, knapp 9-jährig mit Schuhgrösse 29, aus Langenthal: «Mega cool gsii. Komme nicht nur nächstes Mal, sondern immer wieder.»
Andreas Mächler, FCF-Trainer und Ideengeber des Turniers: «Ich bin gerührt! Schon dieses erste Turnier fühlt sich vom ersten Augenblick an, als seien wir alle ein grosse Familie.»
 


Gruppenbild mit Nationaltrainer Murat Yakin (hinterste Reihe, Mitte).


Ideengeber und Organisatoren: Andreas Mächler (FC Freienbach; links) und Luigi Ponte (PluSport).

Nationaltrainer Murat Yakin hat alle Stifte voll zu tun.


Duelle mit vollem Engagement.

Vorbereitungen zum Einlaufen in einen unvergesslichen Tag.

Vorbereitungen zum Einlaufen in einen unvergesslichen Tag.

TeleZüri war mit Pascal Meister präsent.

Kaum zu glauben – aber kein Treffer.

Eine Welle zum Abschluss eines ereignisreichen Tages.

 

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Kommentar (22.09.2023)

Gewollte «Fehl»-Entscheide

von Bruno Füchslin, Medienberichterstatter FVRZ,
[email protected]  

Bekanntlich lernt «man» nie aus. Auch ein ganz normaler Smalltalk (deutsch = schmales Gespräch?) kann da und dort Überraschendes beinhalten. So geschehen kürzlich mit einem Trainer, der (Selbst-)Disziplin als Grundlage für sich selbst und sein Team ansieht. «Alles, was davon abweicht, beeinflusst leicht oder nachhaltig die Konzentration» ist seine Devise. Emotionen nicht unterdrücken, aber sie in Positivenergie umleiten. Schreibt sich so leicht. Ist diese Idealvorstellung umzusetzen überhaupt möglich?
Menschen sind keine Maschinen. Viel Äusseres wirkt aufs Innenleben ein. So interpretierte «Ungerechtigkeit» einfach hinnehmen provoziert in einem Kampfsport wie Fussball Reaktionen. Namentlich dann, wenns zum Spielende hingeht, wenn Körper und Geist nicht mehr so frisch sind wie kurz nach dem Anpfiff, häufen sich Reklamationen. Schiri da, Schiri dort; weshalb so und nicht anders? Vermeintliche Benachteiligungen ziehen Diskussionen nach sich. Die Anzahl Spieler, die mit «es ist halt gepfiffen – und basta» reagieren, verringert sich. Aber genau dies wäre ja – theoretisch – die beste und einzig zielführende Handlungsweise.

Alles Theorie? Der Trainer hat noch was im Ärmel. Streut ab und zu im trainingsabschliessenden «Mätschli», das er als Schiedsrichter begleitet, zuweilen eine Falle ein. Spricht einfach einen für alle sichtbar glasklaren Einwurf für die Blauen den Roten zu. Bei einem Eckball kanns durchaus umgekehrt sein – Abstoss statt Corner. Gewollte «Fehl»-Entscheide. Reklamieren bringt nichts – das Verdikt steht. Inwieweit sich parallele Szenen in Meisterschafts- oder Cupspiele wiederholen, bleibt Spekulation. Ebenso die Mutmassung, ob der «Fokus aufs Wesentliche» wirklich «trainierbar» sei. 

Aber immerhin dies: Taten sind immer stärker als Worte. Und niemand ist je so alt, um nicht wieder etwas hinzu lernen zu können.