Weit mehr als nur «ein bisschen Aufmerksamkeit»

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16.10.2023

Weit mehr als nur «ein bisschen Aufmerksamkeit»

Vom 14. bis 22. Oktober beteiligt sich der Schweizerische Fussballverband SFV in diesem Jahr erstmals aktiv an der «Woche der Schiedsrichter».

Mit Swiss Volleyball, Swiss Unihockey, Swiss Hockey, Swiss Badminton, dem Schweizerischen Handball-Verband und Swiss Basketball sind sechs weitere nationale Sportverbände daran beteiligt.

Von Bruno Füchslin / Text und Bild

Die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter bewusst ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, ist die Grundidee der Kampagne. Unparteiische leisten mit ihrem leidenschaftlichen und meist ehrenamtlichen Engagement für fairen Sport einen wesentlichen Beitrag, damit schweizweit wöchentlich Zehntausende von Spielen, Turnieren und Wettkämpfen aller Art durchgeführt werden können. In Zusammenarbeit mit Swiss Olympic und dessen Präventionsprogramm «cool and clean» drücken genannte Verbände gemeinsam den Respekt und Dank aus.

Daneben verfolgt die Kampagne von Swiss Olympic und den sieben grossen Verbänden weitere Ziele. Sie möchte zum einen aufzeigen, dass respektvolles Verhalten von Spielerinnen/Spielern, Trainerinnen/Trainer und Zuschauenden gegenüber den Schiedsrichterinnen eine Selbstverständlichkeit darstellen soll. Und sie soll zum anderen darauf aufmerksam machen, dass die Referees immer für integren Sport stehen – auch wenn die gewissermassen stets «zwischen den Fronten» stehen.

Eine Gasse des Respekts
Der FVRZ hat die Vereine auf diese «Woche der Schiedsrichter» aufmerksam gemacht und gebeten, dass ihre Teams die Unparteiischen mit einer spalierähnlichen Gasse begrüssen. Viele Vereine und Mannschaften setzten den Wunsch auch entsprechend um.

Die Frage bleibt: Nur Symbolik oder doch weit mehr als ein bisschen gewünschte Tages-Aufmerksamkeit? Inwieweit die Kampagne nachhaltige Wirkung generieren kann, wird sich weisen. Letztlich hängt dies so gut wie allein davon ab, wie Zuschauende wie aktiv Sport Treibende die Position der Unparteiischen anerkennen und auch die immer wieder vorkommenden verschiedenen Ansichten der finalen Entscheidungskompetenz überlassen. Wenn Anstand und Respekt gegenüber der Person und dem Egoismus eines lautstarken Recht-Haben-Wollens den Rang ablaufen könnten, wäre ein nachhaltiger Sinn und Zweck dieser «Woche des Schiedsrichters» mehr als erfüllt. Schiedsrichter sind und waren seit jeher Mit-Spieler mit besonderen Aufgaben. 

Ohne «Gegner» kein Spiel, ohne Schiedsrichter ebenso. Wer seine Emotionen kanalisieren und diese schnellstmöglich in Konzentration aufs Wesentliche zentrieren kann, hilft seinem Team am meisten. Dies umzusetzen, gehört zum Begriff «Selbstdisziplin». Dass diese «Woche des Schiedsrichters» fokussiert den Breitensport betrifft, lässt diese Hoffnung zu: Breite kann, darf und soll – zumindest symbolisch – auch Tiefe haben.


Nicht nur eine Gasse gebildet – zusätzlich per Applaus begrüsst: Schiedsrichter Xhyljan Mahmuti aus Schaffhausen wird von den Drittligateams des FC Freienbach (links) und des FC Buttikon willkommen geheissen.


Auch die Teams der Zweitligisten Herrliberg (rechts) und Töss hiessen das Trio mit SR Cristiano Azevedo und den Assistenten Adnan Sagin und Mesut Yildiz per Applaus willkommen.  

 

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Kommentar (24.11.2023)

... und Tore lauern überall

von Bruno Füchslin, Medienberichterstatter FVRZ,
[email protected]  

Und wieder hat sich das Schweizer A-Nationalteam für ein grosses Turnier – die EM 2024 in Deutschland – qualifiziert; dies zwei Runden vor Quali-Schluss. Und wieder hätte ich Grund, mich aufzuregen. Nein, nicht über dieses erneute Mitmachen in Kreis von Europas Besten. Vielmehr über das unüberschaubar grosse Heer von vermeintlichen Experten, von Besserwissern zwischen Chiasso und Schaffhausen und von Chur bis Genf.

Ja, ich hatte auch Fragen. Fragen nach Konstanz und Kompaktheit. Fragen nach psychischer Stärke. Fragen nach defensiver Stabilität und einem zuweilen seltsam largen Engagement.  Aber in einem Teamsport vermeintliche bis eventuell tatsächlich Verantwortliche (demnach Schuldige) auszumachen – da kann ich nicht mitmachen. Die Dynamik hatte schon immer und hat weiterhin eine unberechenbare Komponente, die mit «Logik» oder «nur an den richtigen Stellschrauben drehen» weder zu erklären noch zu beeinflussen sind. Wer den Absturz von Union Berlin punktgenau und nicht mit Hau-Drauf-Floskeln analysieren kann, gehört zur seltenen Art von Fussball-Weisen.

Schon wieder hatte die Schweiz «die leichteste Gruppe von allen». Das hat sie – meinen die Besserwisser – eigentlich immer, wenn sie sich qualifiziert. Viele freuen sich bereits jetzt kräftig auf das Null-Punkte-Ausscheiden an der EM. Auch der SFV kriegt sein Fett weg, der «einen Trainer wie Yakin» angestellt hat und «sich selbst nie in Frage stellt». Na ja. Meinungsfreiheit lässt zu, dass sich alle äussern können. Viele geben dabei ihr Niveau preis – und etwas mit hinzu: das Nationalteam ist für mehr als nur ein paar Dunkelseher geeignet, den persönlichen (Lebens-)Frust zu entsorgen. Zumindest temporär. Ein neuer sammelt sich bereits wieder an.

Weshalb? Eine grosse Portion Hochnäsigkeit begleitet diese Stetig-Motzer. Die erwähnte «leichteste Gruppe von allen» hat Nationen am Start, die in der Fifa-Rangliste teils deutlich hinter der Schweiz liegen. Ergo ist jedes Mal ein indiskutabler, mit tollen Spielzügen und herrlichen Treffern eingeleiteter Kantersieg die Vorgabe – und wehe, wenn nicht. Es war und ist immer so: Während der Spielzeit bleiben sowohl Statistiken wie Theorie immer in der Garderobe. Wie heisst es doch so treffend: «Die Wahrheit ist auf dem Feld». Und sonst nirgends.

Sollte sich die Schweiz an der EM bereits wieder für die K.O.-Phase qualifizieren und dort ausscheiden, holen die Ewig-Stänkerer aus ihrer immer parat liegenden Floskel-Schublade diesen Satz hervor: «Immer, wenns drauf ankommt, verliert dieses Team.» Genau. Vorab kams ja offenbar nicht und nie «drauf an», weder in der Quali noch in der Turnier-Gruppenphase. Frust und Schadenfreude können auch Offensichtliches einfach wegputzen, so wie der Herbstwind die Blätter tanzen lässt.

So bleibt mir nur: Gratulation ans Team, den Trainerstab und den Verband. Wieder mit dabei. Auch Italien hats – erst im letzten Spiel – geschafft. Im südlichen Nachbarland – einer historisch bedeutenden Fussballnation – freut man sich über die Qualifikation, sind die Gazetten voll von Überschwänglichem. In der Schweiz wird gemotzt, was das Zeug hält. Hier gilt offenbar dieser Spruch: «Der Ball ist rund, und Tore lauern überall».
Für jene, dies nicht wissen: erwähnte «Tore» haben Mehrdeutigkeitscharakter.